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Wunderkind des Motorsports: Leon (15) ist ein Ass am Lenkrad

Bönningstedt. Leon Hoffmann hat ein kleines Problem, um dessen Ursache ihn wohl so manch Gleichaltriger beneidet. In seinem „Rennzimmer“ Zuhause an der Kieler Straße wird der Regalplatz knapp. Sämtliche Borde quellen über vor verschieden großen und mehr oder weniger bunten Pokalen.

All diese Trophäen hat der 15 Jahre junge Bönningstedter in diesem Jahr gewonnen. Als jüngster Tourenwagenfahrer Schleswig-Holsteins, der je eine komplette Rennserie bestritten hat.

Motorsport Talent: Noch bis vor zwei Jahren hat Leon Hoffmann die Kartszene aufgemischt

Im April hatte sich der junge Mann von der Gemeinschaftsschule Rugenbergen den Lesern des Hamburger Abendblatts vorgestellt. Da war noch alles Neuland für den schleswig-holsteinischen ADAC-Jugendsportler von 2019, der zu der Zeit noch – bis zu einem Rennunfall 2021, der einen Beinbruch mit sich brachte – die Kartszene munter aufgemischt hat.

Nun, zwei Jahre nach dem Crash, sitzt der 15-Jährige in einem von zwei Cockpits des Rennstalls Hampl Racing und hat einen fulminanten Auftritt an den sieben Renntagen des BMW 318ti-Cups hingelegt.

Leon Hoffmann ist der mit Abstand jüngste Fahrer dieser Tourenwagen-Rennserie

Der mit Abstand jüngste Starter dieser Serie hat in 14 Rennen viermal einen Podestplatz erreicht. In der Juniorenwertung hat er es sogar vier weitere Male auf einen Treppchenplatz geschafft. Unterm Strich stehen nach 13 Zielankünften – am 2. Juli sind Hoffmann und Stallgefährte Julien Rehberg nach einem Crash ausgeschieden – 319 Punkte für den Youngster zu Buche.

„Das sind Platz vier in der Gesamtwertung und Rang drei bei den Junioren“, sagt Leon Hoffmann, nachdem er sich gegen insgesamt 119 Fahrer in der Serienwertung behauptet hat. „Von den 119 sind zwar nur rund 40 konstant bei allen Rennen dabei, aber ich bin sehr zufrieden mit meiner ersten Saison.“

Der wichtigste Gewinn dieser Rennsaison ist die Erfahrung

Und das nicht nur wegen der rapide angewachsenen Trophäensammlung. Nach seinen letzten Saisonrennen mit Plätzen zehn und sechs auf dem Kurs von Zandvoort/Niederlande weiß Leon ganz genau, was ihm dieses Jahr 2023 gebracht hat, nämlich Erfahrung. „Ich hatte es mir ehrlich gesagt sogar ein wenig einfacher vorgestellt“, bekennt Leon.

Der 15-Jährige, der noch über ein Jahr auf seinen (Probe-)Führerschein warten muss, ist alle Rennstrecken dieser Serie als Vorbereitung unzählige Male auf dem Simulator in seinem Rennzimmer und auf einem weiteren Gerät in Altona abgefahren. Aber das ist nur Theorie. „Ausfälle, Unfälle und Fehler von uns allen im Team. Ich habe gelernt, dass wirklich alles zusammenpassen muss“, sagt Leon Hoffmann. „Am Ende des Tages ist auch ein Autorennen, bei dem du allein im Cockpit sitzt, doch ein Teamsport.“

Leon Hoffmann sieht Fehler immer als etwas, woraus er lernen kann

Ein Beispiel, das Hoffmann immer noch wurmt: „Wenn beim Boxenstopp einer einen Fehler macht und du dann 20 Sekunden länger stehst, dann hast du das Rennen schon verloren“, erinnert sich der Serienneuling. „Aber Ähnliches ist auch mir hinterm Lenkrad unterlaufen. Das alles sind Dinge, aus denen ich als Fahrer und wir als Team lernen müssen.“

Leon Hoffmann ist mit sich sehr kritisch, dabei hätte er ja allen Grund, Milde walten zu lassen. Schließlich hat er doch bei seinem Rennauftakt am 24. März auf dem Hockenheimring erst zum dritten Mal hinter dem Lenkrad eines Autos mit Schaltgetriebe gesessen. Was nichts daran ändert, dass er schon reichlich Routine angesammelt hat, anders als so mancher Mitstreiter. „Wenn du im Rennverlauf einen der schwächeren Fahrer dann überrundest, können schon manchmal ganz wilde Dinge passieren.“

Eine Erfahrung, die auch oder insbesondere für den ADAC Youngster Cup gilt. Diese Nachwuchs-Rennserie ist Leon Hoffman ebenfalls in diesem Jahr mitgefahren. Resultat: Meister.

Die Geschichte vom Talent aus Bönningstedt hat schnell die Runde gemacht

Die Geschichte vom Naturtalent aus Bönningstedt hat schnell die Runde gemacht. Nach dem Artikel im Hamburger Abendblatt war es vorbei mit der Ruhe. „Aber ich fand es echt nicht schlimm, zumal ich mittlerweile meine eigenen Dokusendungen auf Youtube mache und Übung im Umgang mit der Kamera bekommen habe“, sagt Leon.

„Allerdings haben wir auch einige Anfragen geblockt, weil wir gesagt haben, dass der Junge mal eine Pause benötigt“, sagt Vater Thomas Hoffmann, der auch den Terminkalender für seinen Filius im Blick hat. „Nach dem Zeitungsartikel ist es ein wenig eskaliert“, erinnert sich Leon. „Ich habe in zwei Tagen Fernsehanfragen von Sat1, Pro sieben und dem NDR bekommen. Ich saß in der Schule, schaute auf mein Handy und dachte nur: ,Was zum….?‘.“

Neben dem Fernsehen haben auch mehrere Radiosender Leon vorgestellt

Auch Im Radio durfte sich Leon Hoffmann schon vorstellen. „Das waren Delta Radio und RSH, die mich interviewt haben; mit denen hatte ich richtig nette Gespräche“, sagt der Schüler, der die zehnte Klasse im kommenden Jahr mit einer guten Note abschließen will. „Ich bin aber schon froh, dass mit den Medien zurzeit alles noch auf Deutsch ist; wäre das auf Englisch, würde ich jetzt wohl sagen: ,Lasst mich alle in Ruhe‘.“

Eine Aufgabe, um die Leon Hoffmann möglicherweise im kommenden Jahr nicht mehr herumkommt. „Ich werde wieder im BMW 318ti-Cup antreten, und ich möchte um die Meisterschaft mitfahren“, sagt Leon und weiß, dass dafür nicht nur viele Vorbereitungsstunden auf dem Simulator nötig sein werden. „Ich halte mich auch fit und mache Krafttraining. Ohne Ausdauer und Athletik sinkt auch die Konzentration gegen Rennende.“

Leon Hoffmann träumt vom Start bei den großen Tourenwagenserien

Und der Blick ist auch schon auf die Zukunft gerichtet. Allerdings fallen die Namen Michael Schumacher oder Sebastian Vettel als Vorbilder, was man ja eigentlich vermuten könnte, nicht ein Mal. Den Weg in Richtung der großen Tourenwagen zu schaffen, wie zum Beispiel in die DTM oder den Porsche-Cup, das ist (vorerst) das Ziel.

Man kennt Leon dort auch schon. Auch, weil es nach dem 318ti-Cup eine ganz besondere Belohnung gegeben hat. „Wir Top-Drei-Juniorenfahrer durften in Most in Tschechien ein Wochenende lang einen BMW M4 GT4 fahren“, erzählt Leon von den Stunden in dem Renner, der rund 650 Newtonmeter an Drehmoment auf die Reifen bringt. „Überraschend war eigentlich, wie einfach der zu fahren ist, einfacher als mein 318er.“

Vor dem Blick auf höhere Rennserien steht die Konzentration auf den Schulabschluss

Wenn sich Leon Hoffmann so weiterentwickelt wie in diesem Jahr, stehen die Chancen gut, dass seine Rennerlebnisse mit einer der Königsklassen des Tourenwagensports bald nicht nur auf ein Wochenende beschränkt sein werden. Aber davor bleibt der 15-Jährige ganz sachlich: „Erst einmal mache ich die Schule fertig; das ist immer noch das Wichtigste.“

Was ist der BMW 318i-Cup?
Technische Daten: Gefahren wird ein einheitliches Model, der BMW 318ti compact der Baureihe E36.
Motor: Die Serienleistung beträgt nach Gruppe G 140 PS und verfügt über einen Drehmoment von 180 Newtonmeter.
Der Antriebsstrang ist starr in Aluminium gelagert; für die Sicherheit sorgt ein Wiechers-Sport Überrollkäfig.
Das Getriebe ist eine H-Schaltung mit IRP Shortshifter.
Bei der Aufhängung sind die Achsen aluminiumgelagert sowie in Spur und Sturz verstellbar.
Die Aerodynamik wird durch spezielle BMW 318ti Cup Frontsplitter und Heckspoiler verbessert.
In der Bremsanlage arbeiten Vorder­achsbremsbeläge von EBC;
die Reifen sind einheitlich der Good­year Direzza.